Liebe Leser*innen,
seit 25 Jahren arbeitet die Kindernothilfe nach dem Kinderrechtsansatz. Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen zu fördern, ist dabei eines der ganz grundlegenden Anliegen, das in verschiedenen Arbeitsbereichen umgesetzt wird:
Von Armut betroffene Kinder in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa werden in der Projektarbeit nicht nur zu ihrer Situation befragt, sondern gestalten die Lösungen selbst mit und sind an der Umsetzung sowie Evaluation beteiligt. Projekte werden dadurch wirksamer und die Kinder lernen ihre Rechte kennen und einzufordern. Die Advocacy-Arbeit der Kindernothilfe weist nicht nur beständig auf die Schaffung von mehr politischen Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder hin, sondern schafft für Kinder Zugänge zu politischen Entscheidungsträger*innen. Weiterhin werden Strukturen wie Jugendräte geschaffen, die dauerhaft in der Organisation mitreden und sie mitgestalten können.
Die größte Herausforderung bei der Verwirklichung von Kinder- und Jugendbeteiligung ist dabei das immense Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Kindern. Das von verschiedenen Kinderrechtsorganisationen entwickelte Konzept der „meaningful participation“ zählt neun Kennzeichen auf, die eine echte Beteiligung auszeichnen. Jedes dieser Kennzeichen weist auf Fallstricke in der Kinder- und Jugendbeteiligung hin, zu denen mir und sicherlich auch Ihnen sofort Beispiele einfallen. Da ist die mangelnde kindgerechte Aufklärung über Art und Umfang der Beteiligung und die fehlende Inklusion, weil nicht alle betroffenen Kinder erreicht werden. Da werden Kinder an Themen beteiligt, die aber gar nicht für sie relevant sind. Da fehlt es an einer ernsthaften Rückmeldung, wie sich die Beteiligung letztlich auf das Ergebnis ausgewirkt hat. Und besonders tückisch: Ist Kinder- und Jugendbeteiligung endlich in Gesetzen oder Verfahrensvorschriften erfolgreich verankert, droht sie zum Selbstzweck zu werden.
Für uns Bildungspraktiker*innen ist diese Liste von Kennzeichen und Fallstricken ein wahrer Schatz, denn sie zeigt uns, wo unsere Aufgaben liegen: Kindern Informationen inklusiv zugänglich zu machen, kindgerechte und an die jeweilige Situation angepasste Beteiligungsmethoden zu entwickeln, sichere Räume zu schaffen, in denen sich Kinder frei äußern können und vor allem uns und unsere Beteiligungsprojekte immer wieder mit Hilfe der beteiligten Kinder und Jugendlichen machtkritisch zu hinterfragen.
Dieser Newsletter bietet jede Menge Anregungen, Kinder- und Jugendbeteiligung in der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit umzusetzen.
Imke Häusler, Kindernothilfe, Team Globales Lernen und Engagement
EWIK-Kooperationspartner