Liebe Leserinnen, liebe Leser,
schon als Volontär bei einer süddeutschen Tageszeitung habe ich gelernt, dass Journalistinnen und Journalisten nicht den besten Ruf genießen. In der Lokalredaktion waren wir darauf gefasst, empörte Leser beruhigen zu müssen, die mit einer Meldung nicht einverstanden waren. Später, als Reporter auf den Philippinen, fuhren Kollegen mit einem Schild am Fahrzeug über die Insel Negros: "Don´t shoot! Journalists". Das hat tatsächlich geholfen.
Heute sind Journalisten mehr denn je eine bedrohte Spezies. Seit Beginn des Gaza-Krieges sind 145 Medienschaffende getötet worden. Nicht nur Journalisten, die Pressefreiheit an sich ist in vielen Teilen der Welt bedroht. Statt Presse trägt man heute das Etikett "Lügenpresse". Kritik an den Mainstream-Medien ist angebracht. Aber eine freie Presse ist einer der Grundpfeiler der modernen Demokratie. Daran erinnert der Welttag der Pressefreiheit am 3. Mai.
Eine von staatlichen Eingriffen und kommerziellen Interessen freie Presse gibt es nicht zum Nulltarif. Im Internet und in den Sozialen Medien zahlen wir letztlich mit unseren Daten. Um "Fake News" von seriösen Informationsangeboten unterscheiden zu können, wird Medienkompetenz immer wichtiger. Sie sollte in jeder Schulklasse im Lehrplan stehen.
Doch es genügt nicht, die Spreu vom Weizen zu trennen. Unsere Sicht ist eine westliche, unsere Weltkarte zeigt Europa im Zentrum und unsere Medien konzentrieren sich auf das Negative im Naheliegenden. In vielen Regionalmedien ist Auslandsberichterstattung zum Fremdwort geworden. In Fernsehnachrichten wird das Ausland auf das Weiße Haus in den USA reduziert. Und noch immer werden Klischees transportiert. Afrika ist der "schwarze Kontinent", in dem Korruption, Armut und Stammeskonflikte Alltag sind.
Wir bei Entwicklungspolitik Online bemühen uns seit 30 Jahren um eine ganzheitlichere Sicht auf die Welt, in der der Globale Süden eine Stimme hat. Es kann unsere Sicht der Dinge nur bereichern, wenn wir Medien nutzen, die die Welt aus anderer Perspektive abbilden. Das Internet gibt jedem eine Stimme. Doch die meisten von uns nehmen nur die ohnehin etablierten Medien wahr. Wir bewegen uns in einer westlichen Blase. Dieser Newsletter zeigt auf, warum Pressefreiheit und Medienkompetenz wichtig sind.
Information ist nicht alles. Erst im Austausch mit anderen Meinungen und in der Diskussion mit anderen Menschen, die andere Informationen haben, sind wir in der Lage, Information in Wissen zu verwandeln. In der Philosophie spricht man deshalb auch von "vernetzter Information".
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre. Bleiben Sie vernetzt und kritisch.
Klaus Boldt, Herausgeber von Entwicklungspolitik Online